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UNESCO-Kulturerbe: Das PerlagGEN im Körper

02.07.2016 15:40

Ein kurzweiliger Festakt mit buntem Programm - so feierte man im Telfer Noaflhaus die Ernennung des Kartenspiels Perlaggen zum UNESCO-Kulturerbe. Vertreter aus den Hochburgen dieses Spiels in Nord- und Südtirol erhielten aus der Hand von Promotor Hubert Auer und Bgm. Christian Härting je eine Urkundenkopie. Sie alle tragen das PerlagGEN im Körper, wie es der Wortkünstler Wilfried Schatz in einer Kabaretteinlage beim Festakt formulierte.

Das Perlaggen, ein eher kompliziertes alpenländisches Kartenspiel, wird heutzutage nur in wenigen Gegenden gepflegt. Vor allem im Tiroler Oberland und in manchen Regionen Südtirols regieren der „Martl“ (Herz König) und die anderen „taufbaren“ Karten (Perlaggen) manchen Spiel- und Gasthaustisch. Man muss es erst verstehen: Durch das „Taufen“ von bestimmten Karten kommt es vor, dass wie bei einem Joker die „Trumpf As“ gleich mehrmals auf dem Tisch liegt. Und dass dann die eine Trumpf As die andere sticht.
 
Einer derjenigen, die es wissen und regelmäßig beim Perlaggen anzutreffen ist, ist der ehemalige Telfer Hauptschuldirektor Hubert Auer. Er hat schon zwei Bücher über alpenländische Kartenspiele verfasst und strengte sich als Chef des „Instituts für Alpenländische Traditionskartenspiele“ gemeinsam mit dem Imster Bernhard Moll und dem Mieminger Peter Blaas mächtig an – mit Erfolg: Die österreichische UNESCO-Kommission nahm das Perlaggen im Frühjahr in das Österreichische Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf. Die Urkunde wurde Auer und seinen Mitstreitern im Juni im Grazer Schloss Eggenberg überreicht. Das Spiel erfüllt die Anforderung in der Sparte „mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, einschließlich der Sprache als Trägerin des immateriellen Kulturerbes“. Das Telfer Schleicherlaufen und das Imster Schemenlaufen sind in einer anderen Kategorie (gesellschaftliche Rituale, Rituale, Feste) schon UNESCO-Kulturerbe.
 
Letzteres hatte Auer beflügelt, den umfassenden Aufnahmeantrag einzureichen. Und die Verleihung wollte man dann natürlich auch im Oberland feiern. Also lud Auer gemeinsam mit dem Kulturreferat der Marktgemeinde Telfs und dem Heimatbund Hörtenberg Perlaggerfreunde ein. Mit bei der Nachfeier am Samstag war auch Bgm. Christian Härting. „Dass ich in meiner zweiten Amtsperiode als Bürgermeister von Telfs wieder eine Aufnahme ins Kulturerbe erleben darf, macht mich stolz“, strahlte Härting.

Auers weitergehendes Ziel ist es, das Aussterben des Perlaggens zu verhindern und neue SpielerInnen zum Erlernen und Mitmachen zu animieren: „Perlaggerbälle sollen das Weiterbestehen dieses Traditionsspiels garantieren“ - wobei es sich um keine Tanzveranstaltungen handelt, sondern um Wettspiele und Turniere. „Viele kennen das Spiel, aber nur wenige können es“, formulierte der Imster Perlaggerpräsident Herbert Gamper. „Es heißt, man muss es bis 40 können, dann derlernt man es nimmer. Trotzdem soll man sich nicht abschrecken lassen!“, ergänzte Hans Matha aus Andrian, der zur Feier in Burggräfler Tracht erschien.
 
Im bunten Programm sang das Gesangsquartett „Viar Oberländer fölsafescht“ das Perlaggerlied. Volksschuldirektor Andreas Schöpf zeigte verblüffende Kartentricks und der Wortkünstler Wilfried Schatz erheiterte das Publikum mit zwei kabarettistischen Einlagen, in denen er fiktiv und satirisch darstellte, dass das Perlaggen in abgewandelter Form auch in etlichen Tiroler Ortsnamen vorkommt sowie mit Wortkreationen wie PerlagGEN und den vier Kartenfarben gLaub, ScHellseher, EicHeld und Herzrivale.

Telfs scheint sich in Sachen Perlaggen jedenfalls weiter zu entwickeln: Hubert Auer hat Bürgermeister Härting, Vizebürgermeister Christoph Walch und Kulturreferent HR Josef Federspiel animiert, eine gemeinsame Perlaggerrunde zu gründen. Das soll auch sonst im Land Schule machen.


Foto: Gruppenbild mit Promotor Hubert Auer (5.v.l.) und Bgm. Christian Härting (5.v.r.) nach der Urkundenüberreichung. (Foto: MG Telfs/Dietrich)